Von:
Ernst Sperl [mailto:ernst.sperl@aon.at]
Gesendet: Sonntag, 12. März 2017 14:03
An: 'ikd.post@ooe.gv.at'
Cc: Marktgemeindeamt Riedau; Rosenberger Bernhard
Betreff: Anzahl zulässiger/verpflichtender Kopien nach § 18a (5) Gemeindeordnung
Sehr geehrte Damen und Herren der
Direktion Inneres und Kommunales,
sehr geehrter Mag. Ganglbauer!
Ich war beruflich Bankprüfer und Genossenschaftsrevisor und mit Jahresabschlussprüfungen vertraut. Ich bin Prüfungsausschussmitglied der Marktgemeinde Riedau und mir wurden die Informationsrechte des Fraktionsobmannes zur Sitzungsvorbereitung übertragen bzw. war bis 2015 Fraktionsobmann.
Zur Vorbereitung der Prüfung des Rechnungsabschlusses im Rahmen des Prüfungsausschusses hatte ich seit 2010 Einblick in die Kontoblätter der Finanzbuchhaltung der Marktgemeinde Riedau. Diese Papierauswertung mit rund 800 Seiten steht seit dem EDV-Programmwechsel 2016 nicht mehr zur Verfügung, nur mehr Bildschirmabfragen oder als .pdf Datei.
Die Marktgemeinde Riedau bzw. der Bürgermeister weigert sich nun, diese Kontoblätter als Datei zur Verfügung zu stellen, weil in der Gemeindeordnung lediglich von Kopien „einzelner Aktenbestandteile“ geschrieben steht.
Das Auskunftsbegehren umfasste nicht die Steuerkonten (Kundenkonten), Lieferantenkonten usw. sondern nur die Kontoblätter der Finanzbuchhaltung (bis 2015 EDV-Auswertung EP49 Jahreskonto Haushalt/Vermögen).
Ohne Einsicht in die Kontoblätter ist eine „Prüfung des Rechnungsabschusses“ für mich nicht sinnvoll. Das nach § 18a (5) anzahlmäßig unbeschränkte Recht, die „notwendigen Unterlagen einzusehen“, bedeutet in der Praxis eine nicht verantwortbare zeitliche Belastung der Mitarbeiter der Gemeinde. Auch die Einschränkung der Anzahl der Kopien auf „einzelne“ Kontoblätter bedeutet schon bei 2 Kontoblättern mehr Arbeitsbelastung als die Übermittlung aller Kontoblätter in einer Datei. Die getrennte Sichtung des Jahresabschlusses und spätere Sichtung der angeforderten Kontoblätter ist für mich eine extreme arbeitstechnische Erschwernis und im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Prüfungsausschuss nicht zumutbar.
Ich ersuche daher um Beantwortung folgender Fragen zur Auslegung des § 18a (5) Gemeindeordnung:
a) darf die Gemeinde auf Anforderung alle Kontoblätter der Finanzbuchhaltung dem Fraktionsobmann geben?
b) wie viele Kontoblätter muss die Gemeinde auf Anforderung dem Fraktionsobmann geben?
Freundliche Grüße
Ernst Sperl
Achleiten 139
A-4752 Riedau
+43 (0) 699 1047 3167
DVR 4017042
https://sperl.riedau.info/sperl.html#Ernst
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Von:
Franz.Ganglbauer@ooe.gv.at
Gesendet: Freitag, 14. April 2017 11:26
An: ernst.sperl@aon.at
Cc: gemeinde@riedau.ooe.gv.at
Betreff: AW: Anzahl zulässiger/verpflichtender Kopien nach § 18a (5) Gemeindeordnung
Sehr geehrter Herr Sperl! Linz, am 10. April 2017
Zu Ihrer Anfrage ist auszuführen:
Grundlage für die Beschlussfassung des Gemeinderates über den Rechnungsabschluss ist der gemäß § 91 Abs. 3 erstellte Bericht des Prüfungsausschusses (§ 93 Abs. 1 Oö. GemO 1990). Der Prüfungsausschuss als Kollegialorgan hat somit den Rechnungsabschluss zu prüfen. Gemäß § 92 Abs. 4 ist spätestens mit der öffentlichen Auflage eine Ausfertigung des Rechnungsabschlusses jedem Mitglied des Prüfungsausschusses zu übermitteln.
Hinsichtlich dieses Prüfgegenstandes ist somit auch § 18a Abs. 5 relevant. Demnach ist der Fraktionsobmann berechtigt, hinsichtlich jener Angelegenheiten, die ua. in den Ausschüssen zu behandeln sind und die auf der Einladung für die nächste Sitzung des jeweiligen Kollegialorgans, in dem seine Fraktion vertreten ist, als Tagesordnungspunkte aufscheinen, beim Gemeindeamt die zur Behandlung einer solchen Angelegenheit notwendigen Unterlagen einzusehen, sich Aufzeichnungen zu machen und die erforderlichen Auskünfte einzuholen. Dieses Informationsrecht umfasst auch die Einsichtnahme in generelle Erlässe der Aufsichtsbehörde. Auf seinen Antrag sind Kopien einzelner Aktenbestandteile, welche die Grundlage für die Entscheidung einer bestimmten Angelegenheit in den Ausschüssen bilden, auf Kosten der Gemeinde anzufertigen und spätestens zwei Tage vor der entsprechenden Sitzung zu übergeben. Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit bleiben hiedurch unberührt. § 18 Abs. 3 letzter Satz gilt sinngemäß. Gemäß § 18a Abs. 7 leg.cit. hat der damit in Zusammenhang stehende Schriftverkehr auf Antrag elektronisch zu erfolgen.
Inhaltlich gleichlautend ist der Fraktionsobmann gemäß § 4 der Verordnung, mit der eine Geschäftsordnung für die Prüfungsausschüsse erlassen wird, berechtigt, hinsichtlich jener Angelegenheiten, die im Prüfungsausschuss zu behandeln sind und die auf der Einladung für die nächste Sitzung als Tagesordnungspunkt aufscheinen, beim Gemeindeamt die zur Behandlung einer solchen Angelegenheit notwendigen Unterlagen einzusehen, sich Aufzeichnungen zu machen und die erforderlichen Auskünfte einzuholen. Auf seinen Antrag sind Kopien einzelner Aktenbestandteile, welche die Grundlage für die Entscheidung einer bestimmten Angelegenheit bilden, auf Kosten der Gemeinde anzufertigen und spätestens zwei Tage vor der Sitzung zu übergeben. Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit bleiben hiedurch unberührt.
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich vorerst einmal, dass die Prüfung selbst in Form der Beratung und Beschlussfassung nur im Kollegialorgan Prüfungsausschuss erfolgen kann. Über das Ergebnis dieser Prüfung hat der Prüfungsausschuss dem Gemeinderat einen schriftlichen, mit den entsprechenden Anträgen versehenen Bericht (Prüfbericht) zu erstatten.
Aus den zitierten Bestimmungen ergibt sich zwar, dass jedenfalls nicht ganze Akte, sondern nur einzelne Aktenbestandteile zu übermitteln sind. Bei der speziell dem Prüfungsausschuss zugewiesenen Prüfung des Rechnungsabschlusses ist aber dieser spezielle Prüfungsumfang zu berücksichtigen, oder anders ausgedrückt: die Informationsrechte im Zusammenhang mit der umfassenden Rechnungsabschlussprüfung sind auch umfassend(er) als bei sonstigen Prüfthemen zu beurteilen. Im Übrigen wird auch die verwendete Formulierung „einzelne Aktenbestandteile“ in diesem besonderen Lichte zu beurteilen sein.
Zumal nach den oben geschilderten Rechtsgrundlagen bei Inanspruchnahme des Informationsrechts Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit unberührt bleiben, sehen wir auch diesbezüglich keine Gründe, die dieses Informationsrecht einschränken könnten.
Wenn diese Unterlagen daher für Sie notwendig sind, weil sie die Grundlage für die Entscheidung sind, sind Ihnen die begehrten Unterlagen antragsgemäß und im Rahmen der oben genannten Rechtsvorschriften zur Verfügung zu stellen, die Sie dann – unter Wahrung der Amtsverschwiegenheit – zur Vorbereitung auf die Prüfungsausschusssitzung verwenden können.
Von diesem Informationsrecht sind die Unterlagen, die für die Rechnungsabschlussprüfung nicht relevant sind, nicht umfasst. Diese Unterlagen dürfen im Rahmen des § 18a Abs. 5 Oö. Gemeindeordnung 1990 nicht übermittelt werden. Unbeschadet dessen sollte die Gemeinde, zumal die oben genannten Regelungen in der Zuspitzung auf den Fraktionsobmann insb. verwaltungsökonomische Erleichterungen bringen sollen, dieses Informationsrecht auch verwaltungsökonomisch gewähren, zumal, wie gesagt, der Fraktionsobmann bei der Inanspruchnahme des Informationsrechts der Amtsverschwiegenheit unterliegt.
Mit freundlichen Grüßen!
Franz Ganglbauer
Mag. Franz Ganglbauer LL.M.
Amt der Oö. Landesregierung
Direktion Inneres und Kommunales
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Tel.: (+43 732) 7720 – 11 603
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